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Thema des Monats

Druschfruchternte 2023: Das Nervenkostüm bleibt angespannt!

Wenngleich sich unsere Landwirte meist über Regen freuen – bei der diesjährigen Druschfruchternte hätte es doch ein paar mehr trockene Tage am Stück geben dürfen! Während die Wintergerste um das Wochenende vom 8. / 9. Juli dank großer Mähdrescherkapazitäten noch gut eingebracht werden konnte, hatten es die später reifenden Früchte deutlich schwerer. Weizen und verschiedene Eiweißfrüchte standen vielerorts noch bis in die vorletzte Augustwoche. Das hat Folgen, so dass die nervenaufreibende Phase noch immer nicht vorüber ist:


Der Niederschlag hat bei vielen Getreidepflanzen zu erhöhtem „Auswuchs“ geführt. Auswuchs bedeutet, dass die Körner schon in der Ähre bzw. Rispe keimen. Zu unterscheiden ist sichtbarer und unsichtbarer Auswuchs, wobei beim letzteren der Keimling nicht zu sehen ist, sondern nur eine Schwellung des Korns. Das Enzym Amylase baut einen Teil der Stärke zu Zucker ab und erhöht dadurch den Zuckergehalt (Körner schmecken folglich süßlicher). Da der schnelle Stärkeabbau bei Wiederkäuern zu pH-Veränderungen im Pansen (Acidose-Risiko) führen kann, sollte der Einsatz von Auswuchsgetreide in der Wiederkäuerfütterung begrenzt werden. Für Schweine ändert sich der Energiegehalt nur unwesentlich, da sie Stärke und Zucker fast gleich verwerten. Es besteht aber immer die Gefahr einer Pilz-bzw. Toxinbelastung, wobei eher mit Lager- als mit Feldpilzen zu rechnen ist. Das Auswuchsgetreide sollte deshalb nicht an Jungtiere und Sauen verfüttert werden. Ansonsten sollten die Anteile an Auswuchsgetreide auf etwa 30 % der Getreidemenge begrenzt werden.


Die biologische Aktivität der Körner hat neben der Tierfütterung auch Auswirkungen auf die kommende Aussaat. Ein Teil des Getreides soll nämlich als Saatgut zertifiziert werden. Dazu muss es eine gewisse Mindestkeimfähigkeit aufweisen. 

Bei Wintergerste ist die Lage für Saatgut aus genannten Gründen weniger problematisch; hier steht ausreichend Z-Saatgut („Z“ = „Zertifiziert“) zur Verfügung. Bei Roggen ist zu befürchten, dass die Nachfrage für Z-Saatgut wegen der regionalen Schwerpunkte der Roggenvermehrung im Norden (u.a. bei uns im Landkreis Harburg) und Osten Deutschlands nicht voll gedeckt werden kann. Bei dieser Getreideart müssen die Züchter beim Bundessortenamt womöglich einen Antrag auf Herabsetzung der Mindestkeimfähigkeit stellen. Bei Triticale, der in vielen Regionen auswuchs, ist die Versorgungslage nur gesichert, weil partieweise auch Saatgut gemäß EU-Standard mit einer Mindestkeimfähigkeit von lediglich 80 Prozent anerkannt werden. Bei Weizen kommt es vereinzelt zu regionalen Qualitätsengpässen. Hier ist in einem ersten Schritt die Zulassung von sogenanntem „Z2“-Saatgut möglich. Bei Z2-Saatgut ist die Keimfähigkeit vom üblichen Grenzwert von mehr als 92 Prozent auf bis zu 85 Prozent herabgestuft. Sollte das immer noch nicht ausreichen, ist die Herabsetzung der Vorgaben für die Mindestkeimfähigkeit zu erwägen. Zu erkennen ist die niedrigere Qualität für den Landwirt in diesem Fall an einem roten Aufkleber.

Auch in einem dritten Bereich sind die Auswirkungen der feuchten Ernteperiode zu spüren, nämlich bei unserem Brot. Ein Maßstab für die Backfähigkeit ist die sogenannte „Fallzahl“. Sie charakterisiert die Qualität der Weizenstärke und zeigt an, ob diese durch Auswuchs geschädigt ist. Mehle mit mittleren Fallzahlen (230 bis 280 Sek.) ergeben eine normale, elastische, gut geporte Krume und haben eine ausreichende Triebkraft. Mehle mit auswuchsbedingten niedrigen Fallzahlen (< 220 Sek.) sind dagegen unelastisch und die Gebäckkrume ist feucht.



Ausblick auf das nächste Thema des Monats

Wir werden spontan ein spannendes Thema finden!